Die EU-Kommission hat am 30. Juli 2018 Nitison (Nityr, Cycle Pharm.) zur oralen Behandlung von erwachsenen Patienten sowie Kindern und Jugendlichen (alle Altersgruppen) mit der bestätigten Diagnose angeborene Tyrosinämie Typ 1 (HT-1) in Kombination mit eingeschränkter Aufnahme von Tyrosin und Phenylalanin in der Nahrung zugelassen. Es ist bereits seit dem Jahr 2005 als Orfadin (Orphan Europe) verfügbar.
Der biochemische Defekt bei angeborener Tyrosinämie Typ 1 (HT-1) ist ein Mangel an Fumarylacetoacetathydrolyase, dem Endenzym des Tyrosinkatabolismus-Pathway. Nitisinon ist ein kompetitiver Inhibitor der 4-Hydroxyphenylpyruvatdioxygenase, eines Enzyms, das im Tyrosinkatabolismus-Pathway der Fumarylacetoacetathydrolase vorausgeht. Durch die Hemmung des normalen Tyrosinabbaustoffwechsels bei Patienten mit HT-1 verhindert Nitisinon die Ansammlung
der toxischen Zwischenprodukte Maleylacetoacetat und Fumarylacetoacetat. Bei Patienten mit HT-1
werden diese Zwischenprodukte zu den toxischen Metaboliten Succinylaceton und
Succinylacetoacetat umgewandelt. Succinylaceton hemmt den Porphyrinsynthese-Pathway, wodurch
es zur Ansammlung von 5-Aminolaevulinat kommt.
Die Nitisinonbehandlung führt zu einem normalisierten Porphyrinstoffwechsel mit normaler Porphobilinogen-Synthaseaktivität in den Erythrozyten und normalem 5-Aminolävulinat-Urinspiegel, verringerter Ausscheidung von Succinylaceton im Harn, Anstieg der Tyrosinkonzentration im Plasma und erhöhter Ausscheidung von Phenolsäuren im Harn. Die verfügbaren Daten aus einer klinischen Studie weisen darauf hin, dass sich bei über 90% der Patienten der Succinylaceton-Urinspiegel während der ersten Behandlungswoche normalisiert. Succinylaceton sollte bei richtig eingestellter Nitisinondosis im Urin oder Plasma nicht nachweisbar sein.
Die Behandlung aller Genotypen der Erkrankung sollten möglichst frühzeitig eingeleitet werden, um das Gesamtüberleben zu verlängern und Komplikationen wie Leberversagen, Leberkarzinom und Nierenerkrankungen zu verhindern. Unterstützend zur Nitisinonbehandlung ist eine an Phenylalanin und Tyrosin arme Ernährung erforderlich; diese ist mittels Überwachung der Plasma-Aminosäuren einzuhalten.
Quelle
EPAR der EMA