Freitag, 28. Februar 2020

Cefiderocol von der EMA zur Zulassung empfohlen

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) hat in seiner Sitzung vom Februar 2020 empfohlen, Cefiderocol (Fetcroja®, Shionogi) zur parenteralen Behandlung von Erwachsenen mit einer Infektion durch gramnegative aerobe Erreger zuzulassen, für die nur begrenzte Therapiemöglichkeiten verfügbar sind.



Cefiderocol ist ein Siderophor-Cephalosporin. Es gelangt über das Eisentransportsystem der Bakterienzelle ins Zellinnere. Kleinmolekulare Siderophore werden von nahezu allen Bakterien produziert und freigesetzt und helfen der Bakterienzelle bei der aktiven Aufnahme von Eisen. 
Das Beta-Lactam-Antibiotikum enthält eine chlorierte Catechol-Seitenkette als Siderophor. Vom Ceftazidim hat es die 7-Acylamino-Seitenkette, die der Substanz Beta-Lactamase-Stabilität verleiht. Die quarternäre Ammoniumseitenkette (Pyrrolidinum-Gruppe) ist auch im Cefepim enthalten. Sie verbessert die antibakterielle Aktivität und stabilisiert gegenüber Beta-Lactamasen.
Cefiderocol bildet mit Eisen einen Chelatkomplex, der dann durch Eisentransportkanälse durch die äußere Membran der Bakterienzelle in den periplasmatischen Raum transportiert. 
Das Cephalosporin besitzt eine breite Aktivität gegen gramnegative aerobe Bakterien.

Quellen


Dienstag, 18. Februar 2020

Brolucizumab von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 13. Februar 2020 Brolucizumab (Beovu, Novartis) für die Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration (AMD) zugelassen.
Broculizumab ist ein Angiogenesehemmer, der den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor A hemmt und so die Endothelzellproliferation unterdrückt, wodurch die pathologische Gefäßneubildung und die vaskuläre Permeabilität verringert werden.
Weil das Brolucizumab-Molekül als einzelkettiger Antikörperfragment relativ klein ist, soll es besser in das Gewebe penetrieren und höhere Konzentrationen als die bisher verwendeten Substanzen erreichen können.
In den beiden Phase-III-Studien HAWK und HARRIER mit über 1.800 Patienten war Brolucizumab in der Wirksamkeit dem Aflibercept nicht unterlegen.

Quelle:
EPAR der EMA

Imipenem/Cilastatin/Relebactam von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 13. Februar 2020 Imipenem/Cilastatin/Relebactam (Recarbrio, MSD) für die parenterale Behandlung von Erwachsenen mit Infektionen durch aerobe gramnegative Erreger mit begrenzten Therapiemöglichkeiten zugelassen.

Relebactam ist ein neuer, intravenös verabreichter Inhibitor von Beta-Laktamasen der Klassen A und C, der nun in Kombination mit der seit langem in der Therapie eingesetzten Kombination aus dem Carbapenem Imipenem plus dem Dehydropeptidase-I-Inhibitor Cilastatin angewendet wird.
Relebactam hat keine Beta-Lactam-Struktur. Es hemmt Ambler-Klassen-A- und Klassen-C-Beta-Laktamasen, inklusive der Klasse A-Klebsiella pneumoniae-Carbapenemase (KPC) und der
Breitspektrum Beta-Laktamasen (extended-spectrum-beta-lactamases ESBLs), sowie Klasse C  (AmpC-Typ)-beta-Laktamasen, einschließlich von Pseudomonas induzierte Cephalosporinase (Pseudomonas derived Cephalosporinase, PDC).
Relebactam hemmt nicht die Klasse B-Enzyme (Metallo-beta-Laktamasen) oder die Klasse D-Carbapenemasen. Relebactam hat keine antibakterielle Aktivität.

Quelle
EPAR der EMA

Montag, 10. Februar 2020

5-Aminolävulinsäure, Cobicistat, Darunavir/Cobicistat, Insulin glargin/Lixisenatid, Rituximab, Venetoclax: EMA empfiehlt Zulassungserweiterung

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) hat in seiner Sitzung vom Januar 2020 empfohlen, die Zulassung von 5-Aminolävulinsäure, Cobicistat, Darunavir/Cobicistat, Insulin glargin/Lixisenatid, Rituximab, Venetoclax zu erweitern. 


  • 5-Aminolävulinsäure (Ameluz, Biofrontera): Behandlung aktinischer Keratosen leichten bis mittelschweren Schweregrads im Gesicht und auf der Kopfhaut (Grad 1 bis 2 nach Olsen; siehe Abschnitt 5.1) und von Feldkanzerisierungen bei Erwachsenen
  • Cobicistat (Tybost; Gilead): soll künftig als Pharmakoenhancer bei Patienten ab 12 Jahren angewendet werden, die mindestene 35 kg wiegen bei Koadministration mit Atazanvir und die mindestens 40 kg wiegen, bei Koadministration mit Darunavir.
  • Darunavir/Cobicistat (Rezolsta, Janssen-Cilag) soll künftig bei Patienten ab einem Alter von 12 Jahren, die mindestens 40 kg wiegen, eingesetzt werden können.
  • Insulin glargin/Lixisenatid (Suliqua, Sanofi): soll zusätzlich zu Diät und körperlicher Aktivität zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 bei Erwachsenen zusätzlich zu Metformin angewendet werden mit oder ohne SGLT-2-Inhibitor.
  • Rituximab (Mabthera, Roche) soll künftig in Kombination mit Glucocorticoiden zur Induktion einer Remission bei Kindern im Alter zwischen 12 und 18 Jahren mit schwerer aktiver Granulomatose mit Polyangitis (GPA) und mikroskopischer Polyangitis (MPA) eingesetzt werden können. Außerdem soll es in Kombination mit Chemotherapie für die Behandlung von Kindern (12 bis 18 Jahre) mit noch unbehandeltem fortgeschrittenem CD20-positivem diffusen großen B-Zell-Lymphom (DLBCL), Burkitt-Lymphom/Burkitt-Leukämie (BAL) oder Burkitt-ähnlichem Lymphom (BLL) eingesetzt werden können.
  • Venetoclax (Venclycto, Abbvie): soll künftig in Kombination mit Obinutuzumab für die Behandlung von Erwachsenen mit nicht vorbehandelter CLL angewendet werden können.


Quelle:
Mitteilung der EMA vom 30. Januar 2020

Montag, 3. Februar 2020

Orale Cholera-Lebendvakzine von der EMA zur Zulassung empfohlen

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) hat in seiner Sitzung vom Januar 2020 empfohlen, Vaxchora (Emergent, Niederlande) als orale rekombinante Lebensvakzine zur aktiven Immunisierung gegen Erkrankungen durch Vibrio cholerae Serogruppe O1 bei Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahren zuzulassen.
Der als Pulver oder Brausepulver zur Lösung in Wasser angebotene Impfstoff muss einmal eingenommen werden. Er enthält lebende, abgeschwächte Cholera-Bakterien, die sich im Magen-Darm-Trakt des Empfängers vermehren und vibriozide Antikörper im Serum und Gedächtnis-B-Zell-Ansprechen induzieren.
Die FDA hat den Impfstoff bereits im Jahr 2016 zugelassen.

Quelle:
Mitteilung der EMA vom 30. Januar 2020

Semaglutid in neuer Darreichungsform von der EMA zur Zulassung empfohlen

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) hat in seiner Sitzung vom Januar 2020 empfohlen, Semaglutid (Rybelsus®, NovoNordisk) in Form von Tabletten für die Behandlung von Erwachsenen mit nicht ausreichend kontrollierten Diabetes mellitus Typ 2 als Zusatztherapie zu Diät und körperlicher Aktivität zuzulassen, und zwar in Monotherapie, wenn Metformin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist oder in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Substanzen.

Der Glucacon-like-Peptid-1-Rezeptoragonist Semaglutid steht seit 2018 als Ozempic (NovoNordisk) zur subkutanen Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zur Verfügung. Nun gibt es erstmals einen oral applizierbaren GLP1-Agonisten. Wirksamkeit und Verträglichkeit wurden in acht klinischen Studien untersucht

Quelle:
Mitteilung der EMA vom 30. Januar 2020

Crisaborol von der EMA zur Zulassung empfohlen

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) hat in seiner Sitzung vom Januar 2020 empfohlen, Crisaborol (Staquis®, Pfizer) als Salbe (20 mg/g) zur lokalen Behandlung von leichter bis mäßig schwerer atopischer Dermatitis bei Erwachsenen und Kindern ab 2 Jahren zuzulassen, wenn weniger als 40% der Körperoberfläche von der Erkrankung betroffen sind. 

Crisaborol ist ein borhaltiger Phosphodiesterase(PDE)-4-Hemmer, der antientzündlich wirkt. Als Eucrisa ist Crisaborol-Salbe von der FDA bereits im Dezember 2016 zugelassen worden.
Mit dem JAK1-Hemmer Abrocitinib hat Pfizer eine weitere antientzündlich wirkende Substanz in der Phase III der Entwicklung, die im JADE-Studienprogramm untersucht wird

Quelle:
Mitteilung der EMA vom 30. Januar 2020

Darolutamid von der EMA zur Zulassung empfohlen

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) hat in seiner Sitzung vom Januar 2020 empfohlen, Darolutamid (Nubeqa®, Bayer) für die orale Behandlung von Männern mit nicht-metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (nmCRPC) zuzulassen, die ein hohes Risiko für die Entwicklung von Metastasen haben.



Darolutamid ist ein nichtsteroidaler Androgenrezeptor-Inhibitor wie z. B. Apalutamid (Erleada®, Bicalutamid (Casodex) oder Enzalutamid (Xtandi), der mit hoher Affinität an den Rezeptor bindet und eine starke antagonistische Wirkung zeigt. Dies hemmt die Rezeptorfunktion und das Wachstum der Prostatakrebszellen. Nach den Ergebnissen präklinischer Studien soll Darolutamid im Gegensatz zu anderen Androgenrezeptorinhibitoren die Blut-Hirn-Schranke nur wenig durchdringen. 
Darolutamid wird von Bayer und dem finnischen Pharmaunternehmen Orion Corp entwickelt. Es ist bereits in den USA, Brasilien und Japan zugelassen, so Bayer in einer Pressemitteilung vom 31. Januar 2020. 
Die Zulassungsempfehlung basiert auf den Ergebnissen der Phase-III-Studie ARAMIS, in der Darolutamid in Kombination mit einer Androgendeprivationstherapie (ADT) mit alleiniger Androgendeprivationstherapie (ADT) verglichen wurde. In der Studie wurde eine signifikante Verbesserung des metastasenfreien Überlebens (MFS, primärer Endpunkt) für Darolutamid plus ADT gezeigt: Das mediane MFS lag unter Darolutamid plus ADT bei 40,4 Monaten gegenüber nur 18,4 Monaten unter Placebo plus ADT (p < 0,0001). Zudem zeigte das Präparat in der Studie ein vorteilhaftes Sicherheitsprofil.

Quelle:
Mitteilung der EMA vom 30. Januar 2020

Bempedosäure von der EMA zur Zulassung empfohlen

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) hat in seiner Sitzung vom Januar 2020 empfohlen, Bempedosäure (Nilemdo®, Daiichi Sankyo) in Form von Filmtabletten zur oralen Behandlung von Erwachsenen mit primärer Hyperlipidämie (heterozygot und nichtfamiliär) oder gemischter Dyslipidämien zusätzlich zu Diät zuzulassen und zwar

  • in Kombination mit einem Statin oder anderen Lipidsenkern bei Patienten, bei denen der LDL-Cholesterin-Zielwert mit der maximal tolerierten Statin-Dosis nicht erreicht werden kann
  • allein oder in Kombination mit einem anderen Lipidsenker bei Patienten, die Statine nicht vertragen oder bei denen Statine kontraindiziert sind.

Die Kombination aus Bempedosäure und Ezetimib (Nustendi, Daiichi Sankyo) soll ebenfalls in Form von Filmtabletten zur oralen Behandlung von Erwachsenen mit primärer Hyperlipidämie (heterozygot und nichtfamiliär) oder gemischter Dyslipidämien zusätzlich zu Diät zugelassen werden, und zwar

  • in Kombination mit einem Statin oder bei Patienten, bei denen der LDL-Cholesterin-Zielwert mit der maximal tolerierten Statin-Dosis plus Ezetimib nicht erreicht werden kann
  • allein bei Patienten, die Statine nicht vertragen oder bei denen Statine kontraindiziert sind und bei denen die LDL-Cholesterinziele mit Ezetimib allein nicht erreicht werden können
  • bei Patienten, die schon mit Bempedosäure plus Ezetimib als getrennte Tabletten behandelt werden ohne oder mit Statin 

Die von Esperion Therapeutics entwickelte Bempedosäure hat einen neuen Wirkungsmechanismus unter den Lipidsenkern, sie  hemmt das Enzym ATP-Citrat-Lyase (ACL) und damit einen wichtigen Schritt bei der Cholesterinsynthese in der Leber.
ATP-Citrat-Lyase bildet Acetyl-CoA, was zu HMG-CoA umgesetzt wird. HMG-CoA ist wiederum ein Substrat der HMG-CoA-Reduktase (dem Angriffspunkt von Statinen) und wird durch dieses weiter zu Cholesterin metabolisiert.
Bempedosäure ist ein Prodrug, das durch sehr langkettige Acyl-Coenzym-A-Synthetase-1 (ASCVL-1) aktiviert wird. Dieses Enzym gibt es in der Leber, aber nicht im Skeletmuskel. Daher wird vermutet, dass Bempedosäure – obwohl es ähnlich wie Statine wirkt – keine unerwünschten Effekte auf die Muskulatur hat.
Wirksamkeit und Verträglichkeit wurden in einem großen Phase-III-Programm mit über 4000 Patienten nachgewiesen. Im Vergleich zu Placebo senkte Bempedosäure den LDL-Cholesterinspiegel in Kombination mit hoch dosierten Statinen zusätzlich um 18%. Die Kombination von Bempedosäure/Ezetimib führte zu einer zusätzlichen Senkung um 38%.

Quelle:
Mitteilung der EMA vom 30. Januar 2020

Givosiran von der EMA zur Zulassung empfohlen

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) hat in seiner Sitzung vom Januar 2020 empfohlen, Givosiran (Givlaari, Alnylam, Niederlande für die Behandlung von Patienten mit akuter hepatischer Porphyrie (AHP) ab einem Alter von 12 Jahren zuzulassen.

Die akute hepatische Porphyrie ist eine seltene erbliche Erkrankung. Bei den Patienten fehlen aufgrund genetischer Defekte Enzyme zur Produktion von Häm. Häme sind Komplexverbindungen mit einem Eisenion als Zentralatom und einem Porphyrin-Molekül als Ligand. Bei einem Gendefekt häufen sich Häm-Vorstufen wie Porphyrine im Organismus in toxischen Mengen an. Das führt zu schweren Bauchschmerzen, Erbrechen, neurologischen Anfällen, Depressionen und Angstzuständen. Die Erkrankung ist aufgrund von Lähmungen der Atemmuskulatur während eines Anfalls lebensdrohlich.
Givosiran ist eine synthetische doppelsträngige „small interfering RNA“ (siRNA). Sie stört die Produktion eines Enzyms, das in einem frühen Schritt an der Häm-Produktion beteiligt ist. Dadurch kann es die nächsten Schritte der Häm-Synthese und die Anreicherung von toxischen wirkenden Substanzen verhindern.
Wirksamkeit und Verträglichkeit von Givosiran wurden in einer randomisierte, placebokontrollierten doppelblinden Phase-III-Studie, der ENVISION-Studie, mit 94 AHP-Patienten nachgewiesen, die in den letzten 6 Monaten mindestens zwei Attacken erlitten hatten. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass Givosiran zu einem signifikanten Abfall der Attacken führte, dass die Patienten unter weniger Schmerzen litten und sich ihre Lebensqualität verbesserte.
Die amerikanische FDA hatte Givosiran im November 2019 zugelassen. Nach Angaben von Reuters sollen die Jahresbehandlungskosten für einen Patienten bei 575.000 US-Dollar liegen.

Aufgrund des dringenden Bedarfs für eine Therapie bei AHP wurde das Zulassungsverfahren bei der EMA über die PRIME-Plattform abgewickelt. Mit Hilfe eines frühen und intensiven Dialogs zwischen Behörde und Entwicklern ermöglicht dies eine raschere Beurteilung und Zulassung der Substanz.

Quelle:
Mitteilung der EMA vom 30. Januar 2020