Mittwoch, 28. Dezember 2022

52 Neuzulassungen im Jahr 2022

Die EU-Kommission hat im Jahr 2022 52 neue Arzneimittel zugelassen. Eine tabellarische Übersicht findet sich hier: http://www.medpharm-text.de/04_Neue_Arzneimittel.html

Die meisten Neuzulassungen 2022 gab es bei Substanzen, die gegen solide und hämatologische Tumoren und immunologische Erkrankungen eingesetzt werden. 

Die Zahl der zugelassenen neuen Substanzen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Der VFA preist dies natürlich als Erfolg der Pharmaforschung an. Andererseits kann man über die Jahre auch beobachten, dass immer mehr Substanzen schon in früheren Stadien der klinischen Entwicklung mit nur wenigen Studienergebnissen an teilweise wenigen Patienten zugelassen werden...
Häufig handelt es sich dabei um Therapien für seltene Erkrankungen, die dann meist zu horrenden Preisen angeboten werden. 



Tabelecleucel von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 16. Dezember 2022 Tabelecleucel (Ebvallo, Atara)  als Monotherapie für die Behandlung von Patienten ab 2 Jahren mit rezidivierter oder refraktärer Epstein-Barr-Virus positiver Posttransplantations-lymphoproliferativer Erkrankung (EBV+ PTLD) zugelassen, die mindestens eine vorherige Behandlung erhalten haben. Bei Patienten mit solider Organtransplantation umfasst die vorherige Therapie eine Chemotherapie, es sei denn, eine Chemotherapie wird als ungeeignet erachtet. 

Tabelecleucel ist eine allogene, für das Epstein-Barr-Virus (EBV) spezifische T-ZellImmuntherapie, welche auf EBV-positive (EBV+) Zellen abzielt und diese unter HLA-(HumanesLeukozyten-Antigen-)Restriktion eliminiert. Tabelecleucel wird aus T-Zellen hergestellt, die von geeigneten menschlichen Spendern gewonnen werden. 

Tabelecleucel hat einen Wirkungsmechanismus, der demjenigen der endogenen zirkulierenden T-Zellen der Spender, von denen das Arzneimittel stammt, entspricht. 

Der T-Zell-Rezeptor jeder klonalen  Population in Tabelecleucel erkennt auf der Oberfläche von Zielzellen ein EBV-Peptid im Komplex mit einem spezifischen HLA-Molekül (das die Restriktion vermittelnde HLA-Allel) und erlaubt Tabelecleucel , seine zytotoxische Aktivität gegen die EBV-infizierten Zellen zu entfalten.

Quelle:

EPAR der EMA

Abaloparatid von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 12. Dezember 2022 Abaloparatid (Eladynos, Radius Health) für die parenterale Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko zugelassen.

Abaloparatid ist ein Peptid mit 34 Aminosäuren, das zu 41 % mit dem Parathormon [PTH(1-34)] und zu 76 % mit dem mit dem Parathormon verwandten Peptid [PTHrP(1-34)] homolog ist und ein Aktivator des PTH1-Rezeptor-Signalwegs ist.

Abaloparatid stimuliert die Knochenneubildung an der trabekulären und kortikalen Knochenoberfläche durch Anregung der osteoblastischen Aktivität. Abaloparatid bewirkt eine vorübergehende und begrenzte Zunahme der Knochenresorption und eine Erhöhung der Knochendichte.

Wirksamkeit und Sicherheit von einmal täglich verabreichtem Abaloparatid wurden in einer  randomisierten, multizentrischen, doppelblinden, placebokontrollierten und offenen aktiv kontrolllierten (Vergleichspräparat Teriparatid) klinischen Studie (ACTIVE-Studie) über eine Behandlungsdauer von 18 Monaten mit 1 Monat Nachbeobachtung bei 2 070 postmenopausalen Frauen im Alter von 50 bis 86 Jahren untersucht.

Quelle

Info der EMA


(177Lu)Lutetiumvipivotidtetraxetan von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 9. Dezember 2022 das Radiotherapeutikum (177Lu)Lutetiumvipivotid-tetraxetan (Pluvicto, Novartis) in Kombination mit einer Androgendeprivationstherapie (ADT) mit oder ohne Inhibition des Androgenrezeptor-(AR-)Signalwegs zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit progredientem Prostata-spezifischen-Membranantigen-(PSMA-)positivem, metastasiertem, kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC), die zuvor mit einem Inhibitor des AR-Signalwegs und taxanbasierter Chemotherapie behandelt worden sind.

Die aktive Komponente von Pluvicto ist das Radionuklid Lutetium-177, das mit einem niedermolekularen Liganden verbunden ist, der wiederum auf das Transmembranprotein PSMA abzielt und mit hoher Affinität an dieses bindet. Dieses Transmembranprotein wird bei Prostatakrebs stark exprimiert, so auch beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom. Durch die Bindung von Pluvicto an PSMA-exprimierende Tumorzellen führt die Emission von Beta-Minus-Strahlung aus Lutetium-177 therapeutisch an der Zielzelle sowie an umliegenden Zellen zu DNA-Schäden, die zum Zelltod führen können.

Die Wirksamkeit von Pluvicto bei Patienten mit einem progredienten, PSMA-positiven mCRPC wurde im Rahmen der randomisierten, multizentrischen, offenen Phase-III-Studie VISION untersucht. 

Quelle

Info der EMA

Freitag, 16. Dezember 2022

Maralixibatchlorid von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 9. Dezember 2022 Maralixibatchlorid (Livmarli, Mirum Pharm.) als Orphan Drug zur  oralen Behandlung des cholestatischen Pruritus bei Patienten mit Alagille-Syndrom (ALGS) ab dem Alter von 2 Monaten zugelassen.

Maralixibat ist ein minimal resorbierter, reversibler, stark wirksamer, selektiver Inhibitor des ilealen Gallensäuretransporters (IBAT). Maralixibat wirkt lokal im distalen Ileum, wo es die Wiederaufnahme von Gallensäuren verringert und deren Clearance über das Kolon verstärkt, wodurch die Konzentration der Gallensäuren im Serum absinkt.

Quelle

Info der EMA



Gozetotid von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 9. Dezember 2022 Gozetotid (Locametz, Novartis) als radioaktives Diagnostikum zugelassen. Nach Radiomarkierung mit Gallium-68 ist es angezeigt für die Detektion von Prostata-spezifischem-Membranantigen-(PSMA-)positiven Läsionen durch Positronen-Emissions-Tomographie (PET) bei Erwachsenen mit Prostatakrebs (PCa) in den folgenden klinischen Situationen:

• Primäres Staging von Patienten mit Hochrisiko-PCa vor der initialen kurativen Therapie,

• Verdacht auf ein PCa-Rezidiv bei Patienten mit steigendem Spiegel des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Serum nach einer initialen kurativen Therapie,

• Identifizierung von Patienten mit einem PSMA-positiven, progredienten, metastasierten, kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC), bei denen eine auf PSMA abzielende Therapie angezeigt ist 


Quelle

Info der EMA


Spesolimab von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 9. Dezember 2022 Spesolimab (Spevigo, Boehringer Ingelheim) zur  parenteralen Behandlung von Schüben bei erwachsenen Patienten mit generalisierter pustulöser Psoriasis (GPP) als Monotherapie zugelassen.

Spesolimab ist ein humanisierter antagonistischer monoklonaler Immunglobulin-G1(IgG1)-Antikörper, der den IL36R-Signalweg blockiert. Der Antikörper wird mit rekombinanter DNA-Technik in Zellen aus Ovarien des chinesischen Zwerghamsters hergestellt.
Die Bindung von Spesolimab an IL36R verhindert die anschließende Aktivierung von IL36R durch seine Liganden (IL36 α, β und γ) und die nachgeschaltete Aktivierung proinflammatorischer Signalwege.
Wirksamkeit und Verträglichkeit wurden in einer randomisierten, placebokontrollierten Studie bei erwachsenen Patienten untersucht.

Quelle:

Sonntag, 4. Dezember 2022

Sutimlimab von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 15. November 2022 Sutimlimab (Enjaymo, Genzyme) als Orphan Drug zur parenteralen Behandlung der hämolytischen Anämie bei erwachsenen Patienten mit
Kälteagglutinin-Krankheit (Cold Agglutinin Disease, CAD) zugelassen.

Der monoklonale Antikörper Sutimlimab hemmt den klassischen Komplementweg und bindet spezifisch an die Subkomponente s (C1s) des Komplementfaktors 1. C1s ist eine Serinprotease und spaltet C4. Die Aktivitäten des Lektin- und des alternativen Aktivierungswegs werden von Sutimlimab nicht gehemmt. Die Hemmung des klassischen Komplementwegs auf Höhe von C1s verhindert die Ablagerung der Komplementopsonine auf der Erythrozytenoberfläche, was zur Hemmung der Hämolyse bei Patienten
mit Kälteagglutinin-Krankheit führt und die Bildung der proinflammatorischen Anaphylatoxine C3a und C5a und des nachgeschalteten Membranangriffskomplexes aus C5b-C9 verhindert.

Sicherheit und Wirksamkeit von Sutimlimab bei Kälteagglutinin-Krankheit wurden in einer  randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase III-Studie (CADENZA) bei 42 Patienten (n = 22 Suntimlimab, n = 20 Placebo) und in einer unverblindeten, einarmigen Phase III-Studie (CARDINAL) bei 24 Patienten über eine Dauer von 26 Wochen beurteilt. 

Quelle

VidPrevytyn Beta von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 10. November 2022 den rekombinanten adjuvantierten COVID-19-Impfstof VidPrevytyn Beta von Sanofi Pasteur als Auffrischimpfung zur aktiven Immunisierung von Erwachsenen zur Vorbeugung von COVID-19 zugelassen, die zuvor einen mRNA-Impfstoff oder einen Adenovirus-Vektorimpfstoff gegen COVID-19 erhalten haben.

Maribavir von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 9. November 2022 Maribavir (Livtencity, Takeda) als Orphan Drug für die orale Behandlung einer Cytomegalievirus(CMV)-Infektion und/oder -Erkrankung bei erwachsenen Patienten zugelassen, die sich einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) oder einer Transplantation solider Organe (SOT) unterzogen haben und die refraktär sind (mit oder ohne Resistenz) gegenüber einer oder mehreren vorhergehenden Therapien, einschließlich Ganciclovir, Valganciclovir, Cidofovir oder Foscarnet, 

Maribavir ist ein Virostatikum, das kompetitiv die UL97-Proteinkinase während der Replikationsphase der Virus-DNA hemmt. Letztendlich werden hierdurch Replikation und Reifung, Enkapsidierung und Kernausschleusung der CMV-DNA verhindert.

Quelle: