Dienstag, 29. August 2017

Bendamustin: Rote-Hand-Brief wegen erhöhter Sterblichkeit in aktuellen klinischen Studien

Der Zulassungsinhaber des Originalpräparates von Benadamustin informiert in einem Rote-Hand-Brief über eine erhöhte Sterblichkeit, die in aktuellen klinischen Studien beobachtet wurde, bei denen Bendamustin außerhalb der zugelassenen Indikationen oder in nicht zugelassenen Kombinationen eingesetzt wurde. Diese war hauptsächlich durch (opportunistische) Infektionen verursacht. Auch tödliche kardiale, neurologische und respiratorische Toxizitäten wurden berichtet.

Deshalb wird an wichtige Aspekte des Sicherheitsprofils erinnert:

  • Schwerwiegende und tödlich verlaufende Infektionen einschließlich bakterieller (Sepsis, Pneumonie) und opportunistischer Infektionen wie Pneumocystis jirovecii-, Varizella-Zoster-Virus- und Cytomegalievirus-Infektionen sind aufgetreten.
  • Reaktivierungen von Hepatitis B sind bei Patienten aufgetreten, die chronische Träger dieses Virus sind. Fälle von akutem Leberversagen oder mit tödlichem Ausgang wurden berichtet.
  • Bendamustin kann zur Verlängerung einer Lymphozytopenie (< 600/µl) oder niedrigen CD4-positiven T-Zellzahlen (T-Helferzellen) (< 200/µl) führen. Dies kann mindestens sieben bis neun Monate nach Therapieende anhalten und tritt vor allem bei Kombination mit Rituximab auf. Betroffene Patienten sind anfälliger für (opportunistische) Infektionen.

Die Fachinformation wird aktualisiert.

Quelle:
AkDÄ Drug Safety Mail vom 29. August 2017

Ribociclib von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 24. August 2017 Ribociclib (Kisqali, Novartis) für die orale Therapie von  postmenopausalen Frauen mit einem hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom als initiale endokrin basierte Therapie in Kombination mit einem Aromatasehemmer zugelassen.


Ribociblib hemmt wie Palbociclib (Ibrance) selektiv die Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6 (CDK4/6). Diese Enzyme sind häufig beim Estrogenrezeptor-positiven Mammakarzinom sowie bei einer Vielzahl anderer Krebserkrankungen übermäßig aktiv, was zum Verlust der Kontrolle über den Zellzyklus führt. CDK4/6 lösen die Progression von der G1-Phase in die S-Phase aus, in der die DNS repliziert wird. Durch Hemmung der CDK4/6 stellt Ribociclib die zelluläre Kontrolle des Zellzyklus wieder her und blockiert so die Proliferation der Tumorzellen.

Ribociclib wurde in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten, multizentrischen
klinischen Phase-III-Studie Monaleesa-2 an postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem,HER2-negativem fortgeschrittenem Brustkrebs untersucht, deren fortgeschrittene Erkrankung bisher noch nicht behandelt worden war und die entweder in Kombination mit Letrozol oder mit Letrozol alleine behandelt wurden.
Die Ergebnisse zur Wirksamkeit zeigten im vollständigen Datenset bei Patientinnen, die Ribociclib plus Letrozol erhalten hatten, eine statistisch signifikante Verbesserung des PFS mit einem klinisch
bedeutsamen Behandlungseffekt gegenüber Patientinnen, die Placebo plus Letrozol erhalten hatten
(Hazard Ratio von 0,556, 95 %-KI: 0,429; 0,720, einseitiger stratifizierter Log-Rank-Test p-Wert
0,00000329).

Quelle:
EPAR der EMA

Cladribin oral von der EU-Kommission bei MS zugelassen

Die EU-Kommission hat am 24. August 2017 Cladribin (Mavenclad, Merck Serono) für die orale Behandlung von erwachsenen Patienten mit hochaktiver schubförmiger Multipler Sklerose (MS) definiert durch klinische oder bildgebende Befunde zugelassen.
Die empfohlene kumulative Dosis von Cladribin beträgt 3,5 mg/kg Körpergewicht über 2 Jahre, angewendet als 1 Behandlungsphase von 1,75 mg/kg pro Jahr. Jede Behandlungsphase besteht aus 2 Behandlungswochen, eine zu Beginn des ersten Monats und eine zu Beginn des zweiten Monats des jeweiligen Behandlungsjahres. Jede Behandlungswoche besteht aus 4 oder 5 Tagen, an denen ein Patient abhängig vom Körpergewicht 10 mg oder 20 mg (eine oder zwei Tabletten) als tägliche Einmaldosis erhält. Nach Abschluss der zwei Behandlungsphasen ist keine weitere Behandlung mit Cladribin in den Jahren 3 und 4 erforderlich. Eine Wiederaufnahme der Therapie nach dem 4. Jahr
wurde nicht untersucht.
Cladribin ist ein Nukleosid-Analogon des Desoxyadenosins. Eine Substitution durch ein Chloratom im Purinring schützt Cladribin vor dem Abbau durch die Adenosindesaminase, dadurch ist Cladribin als Prodrug intrazellulär länger verfügbar. Anschließend erfolgt die Phosphorylierung von Cladribin zum aktiven Triphosphat, 2-Chlordesoxyadenosin-5'-triphosphat (Cd-ATP), vornehmlich in den Lymphozyten, da diese im Vergleich zu anderen Zelltypen hohe Spiegel an Desoxycytidinkinase  (DCK) und verhältnismäßig geringe Spiegel an 5'-Nukleotidase (5'-NTase) aufweisen. Ein hoher Anteil von DCK im Vergleich zu 5'-NTase fördert die Anreicherung von Cd-ATP, was Lymphozyten besonders anfällig für Zelltod macht. Aufgrund des geringeren DCK/5'-NTase-Verhältnisses sind andere aus dem Knochenmark stammende Zellen weniger betroffen als die Lymphozyten. Die Umwandlungsrate des Prodrugs Cladribin in sein aktives Triphosphat wird durch das Enzym DCK bestimmt, dadurch kommt es zu einer selektiven Reduktion von sich teilenden und nicht teilenden T- und B-Zellen. Der primäre Apoptose-induzierende Wirkmechanismus von Cd-ATP hat direkte und indirekte Auswirkungen auf die DNA-Synthese und die Mitochondrienfunktion. In sich teilenden Zellen greift Cd-ATP in die DNA-Synthese ein, indem es die Ribonukleotidreduktase hemmt und mit
Desoxyadenosin-Triphosphat um den Einbau in die DNA durch DNA-Polymerasen konkurriert. In ruhenden Zellen führt Cladribin zu DNA-Einzelstrangbrüchen, raschem Verbrauch von NikotinamidAdenin-Dinukleotiden, ATP-Mangel und Zelltod. Es liegen Hinweise vor, dass Cladribin auch direkt zu Caspase-abhängigen und -unabhängigen Apoptose führen kann, indem Cytochrom C und Apoptoseinduzierender Faktor in das Zytosol von sich nicht teilenden Zellen ausgeschüttet werden.
Es wurde gezeigt, dass Cladribin eine lang anhaltende Wirkung bevorzugt auf Lymphozyten sowie auf die an der Pathophysiologie der MS beteiligen Autoimmunprozesse ausübt.

Quelle
EPAR der EMA

Freitag, 4. August 2017

Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 28. Juli 2017 Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir (Vosevi, Gilead) zur oralen Behandlung von Erwachsenen mit chronischer Hepatitis-C-Infektion zugelassen.

Sofosbuvir ist seit 2014 im Handel verfügbar. Es ist ein pangenotypischer Inhibitor der RNA-abhängigen RNA-Polymerase NS5B des HCV, die für die Virusreplikation erforderlich ist. Sofosbuvir ist ein Nukleotid-Prodrug, das nach intrazellulärer Metabolisierung in das pharmakologisch wirksame Uridin-Analogon-Triphosphat 17 (GS-461203) mit Hilfe der NS5B-Polymerase in die HCV-RNA eingebaut wird und zum Kettenabbruch führt. GS-461203 (der aktive Metabolit von Sofosbuvir) hemmt weder humane DNA- oder RNA-Polymerasen noch die mitochondriale RNA-Polymerase.
Velpatasvir, seit Juli 2016 in Kombination mit Sofosbuvir im Handel, ist ein HCV-Inhibitor, der auf das HCV-NS5A-Protein gerichtet ist, das sowohl für die RNA-Replikation als auch den Zusammenbau von HCV-Virionen erforderlich ist. In-vitro-Studien zur Resistenzselektion und Kreuzresistenz deuten darauf hin, dass NS5A die Zielstruktur für den Wirkungsmechanismus von Velpatasvir darstellt.



Voxilaprevir ist ein neuer pangenotypischer HCV-NS3/4A-Proteasehemmer.Voxilaprevir wirkt als
nicht-kovalenter, reversibler Inhibitor der NS3/4A-Protease.
Vosevi wurde bei über 1.700 Patienten klinisch geprüft. Das Virus konnte bei mehr als 90 % der Patienten 12 Wochen nach dem Ende der Behandlung nicht mehr nachgewiesen werden, was als klinische Heilung gilt. Nebenwirkungen waren Übelkeit, Kopfschmerzen und Diarrhö.

Quelle
EPAR der EMA

Glecaprevir/Pibrentasvir von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 28. Juli 2017 Glecaprevir/Pibrentasvir (Maviret, Abbvie) zur oralen Behandlung von erwachsenen Patienten mit chronischer Hepatitis-C-Infektion zugelassen.


Glecaprevir ist ein pangenotypischer Inhibitor der HCV-NS3/4A-Protease, die für die proteolytische
Spaltung des HCV-codierten Polyproteins (in reife Formen der NS3-, NS4A-, NS4B-, NS5A- und
NS5B-Proteine) erforderlich und für die Virusreplikation von entscheidender Bedeutung ist.

Pibrentasvir ist ein pangenotypischer Inhibitor von HCV-NS5A, das für die virale RNA-Replikation und den Aufbau von Virionen notwendig ist. Der Wirkmechanismus von Pibrentasvir wurde anhand der antiviralen Aktivität in Zellkulturen und Mapping-Studien zur Arzneimittelresistenz charakterisiert.

Die Kombination wurde bei 2.376 Patienten untersucht. Bei mehr als 90 % der Patienten konnte das Virus 12 Wochen nach der Therapie nicht mehr nachgewiesen werden. Ist dies der Fall, gelten die Patienten als geheilt.
Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Fatigue, Diarrhö, Übelkeit und Bauchschmerzen.

Quelle:

Patiromer von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 21. Juli 2017 Patiromer (Veltassa, Vifor Fresenius Medical Care) als orale Suspension zur Behandlung der Hyperkaliämie bei Erwachsenen zugelassen.


Patioromer  ist ein nicht resorbierbares Kationenaustauschpolymer, das einen Calciumsorbitolkomplex als´Gegenion enthält. Es erhöht die fäkale Kaliumausscheidung durch die Bindung von Kalium im Lumen des Gastrointestinaltrakts. Die Kaliumbindung lässt die Konzentration des freien Kaliums im Gastrointestinallumen sinken und führt so zu einer Verringerung des Serumkaliumspiegels.
Weil das Präparat eine Vielzahl anderer oral applizierter Arzneimittel im Gastrointestinaltrakt bindet, muss ein ausreichender zeitlicher Abstand von mindestens 6 Stunden bei der Einnahme eingehalten werden.
Patiromer erwies sich in Studien als wirksam in der Senkung erhöhter Kaliumspiegel bei hyperkaliämischen Patienten mit chronischer Nierenerkrankung. Häufigste Nebenwirkungen waren Verstopfung, Hypomagnesiämie, Diarrhö, Übelkeit, abdominale Störungen und Blähungen.
Patiromer wurde 2015 von der FDA zugelassen.

Quelle
EPAR der EMA