Dienstag, 20. September 2022

Eptacog beta von der EU-Kommission zugelassen

Die EU-Kommission hat am 15. Juli 2022  Eptacog beta (Cevenfacta, Laboratoire français du Fractionnement et des Biotechnologies) bei Erwachsenen und Jugendlichen (ab 12 Jahren) zur Behandlung von Blutungsepisoden und zur Prävention von Blutungen bei Operationen oder invasiven Eingriffen in folgenden Patientengruppen zugelassen:
• Patienten mit angeborener Hämophilie mit hoch-titrigen Inhibitoren gegen die Gerinnungsfaktoren VIII oder IX (≥ 5 Bethesda-Einheiten [BE]);
• Patienten mit angeborener Hämophilie mit niedrig-titrigen Inhibitoren (BU < 5), bei denen mit einem hohen anamnestischen Inhibitor-Anstieg oder mit einer refraktären Reaktion auf hohe Dosen von FVIII oder FIX zu rechnen ist.

Der Blutgerinnungsfaktor FVIIa löst unter normalen Bedingungen die Gerinnung nach einer  Wechselwirkung mit dem Gewebefaktor (TF) auf der Zelloberfläche aus. Sobald der Komplex gebildet wurde, werden hauptsächlich Faktor X zu Faktor Xa und Faktor IX zu Faktor IXa aktiviert. Die  Aktivierung von Faktor X zu Faktor Xa initiiert den gemeinsamen Weg der Gerinnungskaskade, bei der Prothrombin zu Thrombin aktiviert wird und dann Fibrinogen zu Fibrin, wodurch ein hämostatischer Blutpfropfen entsteht und die Gerinnselbildung am Blutungsort erreicht wird (Hämostase). 

Diese Reaktion wird in Gegenwart von Faktor VIII und Faktor IX um ein Vielfaches verstärkt. 

Bei Patienten mit Hämophilie A oder B fehlen die Moleküle der Faktoren VIII und IX oder sie funktionieren nicht, so dass die Verstärkung der Gerinnung verhindert wird. Dadurch kommt es zu belastenden Blutungen, die manchmal lebensbedrohend sein können. 

Bei diesen Patienten aktiviert FVIIa die Gerinnung durch den natürlichen „TF-abhängigen“ Mechanismus. Allerdings sind die therapeutischen Dosen, die zur Erreichung einer Hämostase mittels FVIIa benötigt werden, deutlich höher als die normale Konzentration von FVII(a) im Blutkreislauf. Die Präsenz dieser unterhalb des natürlichen FVIIa-Spiegels liegenden Konzentration induziert zwei weitere Gerinnungsmechanismen.

Ein zweiter, „TF-unabhängiger“ Mechanismus führt ähnlich wie der „TF-abhängige“ Wirkmechanismus zur Bildung von FXa auf der Oberfläche von aktivierten Thrombozyten, ohne dass TF den FVIIa auf der Zelloberfläche bindet und seine Struktur verändert. Darüber hinaus schwächt die Anwendung von hohen FVIIa-Dosen die natürliche und kontinuierliche Inhibition von FVIIa durch das FVII-Zymogen.

In einem dritten Mechanismus konkurriert FVIIa mit aktiviertem Protein C (aPC) bei der Bindung an den endothelialen Protein-C-Rezeptor (EPCR). Dementsprechend sorgt FVIIa für ein Herunterregulieren der Gerinnungshemmung, indem er die Spaltung von Faktor Va, dem Kofaktor von FXa, durch aPC begrenzt.

Die Kombination dieser drei Mechanismen erlaubt es FVIIa, den Bedarf an FVIIIa oder FIXa zu umgehen und die Hämostase in deren Abwesenheit oder sogar in Anwesenheit von Hemmkörpern wiederherzustellen.

Quelle

EPAR der EMA

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